Blog-Beitrag #4: Fach- und Führungskräfte-Entwicklung

Vom House Keeping zum Event Management

Der viel diskutierte Fach- und Führungskräftemangel wird auch in der neuen Dekade die Herausforderungen in der Hotellerie dominieren. Querdenken ist erforderlich, um neue Personalstrategien zu implementieren.

Fach- und Führungskräfte-Einsatz, Talentförderung und Mitarbeiterbindung bleiben im neuen Jahrzehnt Top-Themen der Hotellerie. Viele Unternehmen räumen der Personalentwicklung oberste Priorität ein. Neue Ansätze sollen der mitunter eklatanten Branchenflucht entgegenwirken. Welche Möglichkeiten es dabei gibt, zeigt Hotel-Expertin Silke Förster von Keep Consult am Beispiel des The Westin Hotel Leipzig auf.

Mitarbeiterpotenzial heben

Im The Westin Hotel Leipzig geht Andreas Hachmeister in punkto Personalstrategie neue Wege. Der Chief Operating Officer Interhotel Portfolio legt besonderes Augenmerk auf die Menschen hinter jeder Position des Hauses und ist in engem Dialog mit seinen 140 Mitarbeitern. So hat er im persönlichen Gespräch mit Hausdame Katja Schäfer ein verborgenes Talent identifiziert und die Mitarbeiterin in ein Vertriebstraining bei Keep Consult geschickt. Heute ist die ehemalige Hausdame auf eigenen Wunsch im Event Management des Hotels eingesetzt.

Dazu COO Andreas Hachmeister im Interview:

KeePConsult: Herrn Hachmeister, Sie haben Ihre Hausdame in die Vertriebsabteilung versetzt. Wie kamen Sie darauf, dass eine Mitarbeiterin im House Keeping Vertriebstalent hat?

Andreas Hachmeister: Aufgrund der bereits in ihrer Karriere gezeigten Aufgeschlossenheit für alles Neue und in Verbindung mit ihrer anpackenden und fröhlichen Art war mir sehr schnell klar, dass es sich lohnen wird, für diesen eher ungewöhnlichen Wechsel ein gutes Gespräch zu führen

KeePConsult: Wie hat Ihre Hausdame reagiert, als Sie sie zum Vertriebstraining geschickt haben?

Andreas Hachmeister: Zunächst einmal war sie überrascht und im zweiten Schritt motiviert, um dieses Angebot ernsthaft in Absprache mit ihrer Familie zu prüfen. Im dritten Schritt kam dann die Begeisterung für den Wechsel.

KeePConsult: Wie beurteilen Sie Ihre eigene Entscheidung heute?

Andreas Hachmeister: Ich würde diese Entscheidung jedes Mal wieder so treffen.

KeePConsult: Ist diese Form des Talent Managements Teil Ihrer HR Strategie oder war das eine einmalige Entscheidung?

Andreas Hachmeister: Solche Maßnahmen sind immer Teil einer Strategie. Bei uns wird grundsätzlich hinterfragt, wer kann sich wie und wo weiterentwickeln. Das ist zwar kein wirklich perfektes Skill Management, aber wir sind immer offen für alle Mitarbeiter, die selbst offen sind und „Bock“ darauf haben, sich zu entwickeln und dazu zu lernen.

KeePConsult: Wie fördern sie sonst noch Ihre Mitarbeiter?

Andreas Hachmeister: Das ist ein Abend füllendes Thema! Knapp zusammen gefasst: Respekt, Ehrlichkeit und eine Kombination aus Fairness und Strenge – immer im Wohle des Mitarbeiters, des Unternehmens, der Kunden und Gäste. Es darf für alle passen.

KeePConsult: Was bedeutet für Sie personelle Führungsqualität?

Andreas Hachmeister: Relativ einfach: ein verlässliches und vertrauensvolles Vorbild sein. Ein Entscheider.

KeePConsult: Wo sehen Sie selbst in Ihrem Unternehmen Optimierungspotenzial im Personal-Kontext und welche Maßnahmen haben Sie initiiert?

Andreas Hachmeister: Noch mehr konsequente Kurz-Trainings und individuelle Entwicklungspläne der jeweiligen Generation angepasst.

Die ehemalige Hausdame und heutige Event Managerin Katja Schäfer beleuchtet die berufliche Veränderung aus ihrer Sicht:

Event Managerin Katja Schäfer

KeePConsult: Frau Schäfer, Ihr Chef hat in Ihnen ein Talent erkannt und Sie zu einem Vertriebstraining geschickt. Wie haben Sie darauf reagiert?

Katja Schäfer: Überrascht - natürlich im positiven Sinne! Ich nahm an, ein solches Training würde zu einem späteren Zeitpunkt folgen, da es doch sehr in die Materie eintaucht. Nach dem Training bin ich überzeugt, dass man dieses gar nicht früh genug machen kann. Dadurch gewöhnt sich eine Mitarbeiterin oder ein Mitarbeiter gar nicht erst unpraktische Arbeitsweisen und Fragetechniken an und wird so effizienter und einfach besser in dem, was sie oder er macht.

KeePConsult: Inzwischen arbeiten Sie nicht mehr als Hausdame, sondern sind Teil des Vertriebsteams. Macht Ihnen die neue Aufgabe Spaß?

Katja Schäfer: Ungeheuer! Keine Eintönigkeit, an Herausforderungen wachsen und der Einsatz neuer Ideen stehen hier im Vordergrund. Den Kunden nicht nur glücklich machen, sondern ihn auch weiterhin für sich und das Haus zu gewinnen, ist die Kernaufgabe, der ich mich täglich mehr als gern stelle. Abgesehen davon muss das Team stimmen, sich gegenseitig unterstützen und eine Arbeitsatmosphäre schaffen, bei der man sich darauf freut, morgens zur Arbeit zu gehen.

KeePConsult: Was raten Sie Kollegen, wenn sie selbst das Gefühl haben, ein anderes Talent zu haben oder sich für eine andere Aufgabe berufen fühlen?

Katja Schäfer: Unbedingt ansprechen, man vergeudet sonst wertvolle Lebenszeit. Denn ein erfüllender Job ist ein großer Teil eines ebenso erfüllenden Lebens. Das schreibe auch ich mir auf die Fahne, denn hätte mich Herr Hachmeister nicht angesprochen, wäre ich wohl heute noch im House Keeping. Das ist eine harte, ehrliche Arbeit, keine Frage, aber erfüllt hat es mich nicht. Also, wenn jemand da draußen der Meinung ist, dass fördernswerte Talente in einem schlummern: Sprich unbedingt mit dem Entscheider darüber und warte nicht, bis jemand anderes den Job macht, für den du geschaffen bist. Nur durch Versuchen wird man schlauer!

„Das Praxis-Beispiel des Westin Hotel zeigt, wie Unternehmen mit Querdenken, Flexibilität und Offenheit in der Personalentwicklung neue Perspektiven für das Unternehmen und die Mitarbeiter schaffen können“, freut sich Silke Förster über den Trainingserfolg und die neue berufliche Laufbahn von Katja Schäfer.

Personalstruktur im Umbruch

In ihren Trainings stellt Förster eine gewisse Hilflosigkeit der Hotelunternehmen beim Umgang mit Mitarbeitern fest. Personalstrukturen fehlen oder sind veraltet. Es werden Modelle wie Partizipation und flache Hierarchien sporadisch eingeführt und wieder revidiert, weil sie vermeintlich im Trend liegen, aber nicht automatisch zum Unternehmen und zum Team passen. Der Fokus bei der Personalwahl liegt nach wie vor auf Fachwissen und weniger auf sozialen Kompetenzen. Im Umgang mit der jungen Generation und deren Erwartungen an die Arbeitswelt herrscht große Unsicherheit. Fehlende Wertschätzung trägt ebenso wie mangelnde Feedback-Kultur zur Mitarbeiterfluktuation bei. Mitarbeiter mit guter fachlicher Kompetenz werden aufgrund des Personalmangels zu früh in leitende Positionen gedrängt, ohne mit Führungskompetenz ausgestattet zu sein. Überforderung, Frustration und Fluktuation sind die Folge. Unternehmen mit Mut und Bereitschaft, diese Strukturen aufzubrechen und neue Wege zu gehen, können der schwierigen Personalsituation in der Hotellerie entgegenwirken.

Lösungsorientierung statt Problemfokussierung

Der vieldiskutierte Fach- und Führungskräftemangel ist kein neues Phänomen, sondern längst an der Tagesordnung in der Hotellerie. Jammern und sich auf das Problem fokussieren, hilft natürlich nicht weiter. Aber welche Möglichkeiten haben Hotels, um die Situation lösungsorientiert anzupacken?

Führungskräfteausbildung früh genug starten

An Ausbildung und Fachwissen der Fach- und Führungskräfte mangelt es meist nicht, im Gegenteil: Auch wenn das Thema nach wie vor polarisiert, so sind wir der Meinung, dass die fachliche Berufsausbildung durchaus auf einem hohen Niveau ist. Eine Vielzahl an Messen und Branchenveranstaltungen trägt zudem zu einem umfassenden Informationsstand bei. Hinzu kommt ein breites Trainings- und Weiterbildungsangebot. Allerdings hängt die Nutzung dieser Möglichkeit natürlich vom Interesse und von der Initiative der Mitarbeiter ab sowie von der Förderbereitschaft der Unternehmen.

Was jedoch sehr häufig fehlt, ist die soziale Kompetenz, da eben nach wie vor ein starker Fokus auf Fachwissen und eher weniger auf Führungskompetenzen liegt. Wer dann zu früh in eine Führungsposition aufsteigt, wird früher oder später verbrannt. Langfristige Folgen sind Burnout, meist schon zwischen Ende 20 bis Anfang 30.

Es fehlt demnach bei den (zu) jungen Führungskräften an der Anleitung, wie man strukturiert arbeitet und effektive Prozesse und Arbeitsabläufe sicherstellt.

Viele Führungskräfte haben zudem nie gelernt, wie Lob und Tadel funktioniert. Sie wissen oft nicht, was Anerkennung im Arbeitsalltag bedeutet und wie man Mitarbeiter und auch sich selbst motiviert. Feedback-Gespräche führen und das Identifizieren von Perspektiven gehören meist ebenso wenig zum Knowhow junger Talente.

In Summe resultiert daraus schlicht fehlende Führungskompetenz und die wiederum führt zu hoher Fluktuation.

Die nachfolgende Generation drängt außerdem mit veränderten Erwartungen und Anforderungen auf den Arbeitsmarkt. Viele Unternehmen können sich mit dem neuen Mindset jedoch bislang nur schwer auseinandersetzen.

Um der Situation Herr zu werden, probieren Unternehmen viele verschlagwortete Modelle aus. So stehen plötzlich Begriffe wie New Work, Corporate Happiness, Feel Good Management, Partizipation und flache Hierarchien auf der hochgelobten Change Liste der Employer Branding Agenda. Hochtrabender Marketingsprech allein hilft jedoch nicht, einen wirklichen Veränderungsprozess in der Personalentwicklung in Gang zu setzen, wenn die Modelle nicht zur Unternehmens-DNA passen. Die Experimentierfreude an sich ist natürlich nicht schlecht und zeugt von Offenheit und Innovationsbereitschaft. Aber es gehört eben weit mehr dazu, einen ehrlichen, lösungs- und zukunftsorientierten Schritt zu gehen.

So müssen Unternehmensleiter lernen zu akzeptieren, dass es Mitarbeiter gibt, die gerne in der zweiten Reihe bleiben wollen, auch wenn Partizipation gerade „in“ ist. Vielleicht hilft auch die Selbsterkenntnis, dass auch die Unternehmensleitung Entwicklungspotenzial in Sachen Führungskompetenz hat.

Werkzeugkoffer zur Implementierung einer zukunftsorientierten HR Strategie

  • Coaching von Mitarbeitern und Führungskräften zur Weiterentwicklung
  • Zielfindung und Selbstreflektion
  • Umgang mit Herausforderungen
  • Führen von Mitarbeitergesprächen
  • Frühzeitig die eigenen Schwächen und Stärken erkennen und an den Stärken arbeiten
  • Trainings für Führungskräfte und Mitarbeiter, die sich in Führungspositionen weiterentwickeln wollen
  • Thematisieren verschiedener Führungsformen
  • Grundlagen schaffen:

Führungskräften Ansätze und Werkzeuge vermitteln, die ihnen in ihrer täglichen Arbeit helfen, Stärken und Schwächen bei sich und den Mitarbeitern zu erkennen und gezielt daran zu arbeiten

Was brauche ich als Führungskraft, um meine Aufgaben erfüllen zu können? Wie delegiere ich richtig? Was muss ich tun, um nachhaltige Erfolge in meinen Teams zu erzielen?

Themen wie situative Führungsansätze, Verhalten in Konflikten und Work Flow in sich veränderndem Umfeld

Ein Blick in den Spiegel und die Behandlung persönlicher Praxisfälle helfen dabei, anvisierte Ziele erfolgreich und nachhaltig zu erreichen. Coaching-Ansätze ermöglichen Selbstoptimierung und kollegialen Austausch.

  • Situative Führungsrollen definieren, optimieren & gestalten
  • Selbsterkenntnis und Führungsqualitäten entwickeln
  • Fehler-Kultur entwickeln, d.h. lernen, wie wichtig eigene Fehler auf dem Weg zur guten Führungskraft sind
  • Mut haben, Verantwortung zu übernehmen und auch abzugeben
  • Problemanalyse und Entscheidungsfindung
  • Ziele qualitativ & quantitativ formulieren
  • Agile Führungstechniken verinnerlichen
  • Eigenverantwortung der Mitarbeiter stärken
  • Mitarbeiter Potenzial orientiert entwickeln & begleiten
  • Mehrwerte kooperativ generieren
  • Innovations- und Veränderungsprozesse verstehen, fördern und implementieren

Fazit

Wer offen für Veränderungsprozesse ist und sich nicht scheut, auch einmal neue, ungewöhnliche Wege einzuschlagen wie das The Westin Hotel Leipzig, der wird den Fach- und Führungskräftemangel meistern und gestärkt mit einem motivierten, loyalen Team in die Zukunft gehen.
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